Direkt zum Inhalt
  • 0
  • 1

Neuartiges Henipavirus in China entdeckt – eine neue Zoonose?

Forscher:innen haben Daten zu einem neuartigen Henipavirus, dem Langya Henipavirus (LayV), veröffentlicht. Das Virus konnte seit 2018 bei 35 fiebrigen Patienten in China nachgewiesen werden. Als mögliches Reservoir des neu entdeckten Erregers wird die Spitzmaus diskutiert.

Henipaviren sind eine Gattung von behüllten RNA-Viren die zur Familie der Paramyxoviridae gehören. Ihre bekanntesten Vertreter sind das Hendra- und das Nipah-Virus, welche tödliche Erkrankungen im Menschen verursachen können. In einem im New England Journal of Medicine erschienen Artikel stellen Forscher:innen aus China, Singapur und Australien ihre Daten zu einem neuen Virus dieser Gattung vor, dem Langya Henipavirus (LayV). Das Virus konnte in 35 Patient aus der Shandong und der Henan Provinz in China nachgewiesen werden. Die Patienten wurden im Rahmen einer Surveillance Studie für zoonotische Erreger untersucht. Alle hatten Fieber und Kontakt zu Tieren innerhalb eines Monats vor Symptombeginn.

Wie die Autoren der Studie angeben, erfüllt ihre Studie nicht in vollem Umfang die Koch’schen Postulate (siehe Infobox), um zu beweisen, dass LayV tatsächlich ursächlich für die fiebrige Erkrankung der untersuchten Patienten war. Die publizierten Daten weißen jedoch darauf hin, zumal in 26 Patienten keine anderen Erreger nachgewiesen wurden.

Infobox Koch’sche Postulate (auch Henle-Koch’sche-Postulate)

Die von Robert Koch aufgestellten und im Laufe der Jahre ergänzten Postulate geben die Bedingungen an, die erfüllt sein müssen, um nachzuweisen, dass ein Mikroorganismus der ursächliche Erreger einer Infektionskrankheit ist (Ursache-Wirkungs-Beziehung). Die drei Postulate beinhalten, dass der Erreger stets in den erkrankten Organismus zu finden ist und nicht in gesunden. Der Mikroorganismus muss in Reinkultur in-vitro anzüchtbar sein und die Reinkultur des mutmaßlichen Erregers muss in einem gesunden Organismus wieder die beobachtete Erkrankung auslösen und sich erneut aus dem Organismus isolieren lassen.

Die Infektionen erstreckten sich über einen Zeitraum von Dezember 2018 bis April 2021. Diese breite zeitliche Streuung der Infektionen und die Tatsache, dass kein direkter Kontakt oder eine gemeinsame Expositionsquelle von den Wissenschaftler:innen für die Patienten identifiziert werden konnte, deutet darauf hin, dass es sich um sporadische Infektionen bei Menschen handelt. Es wurden keine Hinweise auf eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung gefunden. Allerdings räumen die Autoren ein, dass dies auch an der kleinen Studiengröße liegen könnte. Für das verwandte Nipah-Virus wurden Mensch-zu-Mensch Übertragungen berichtet.

Auf der Suche nach einem möglichen Reservoir des Erregers haben die Forschenden domestizierte Tiere (Hunde, Ziegen, Schweine, Rinder) und Wildtiere (25 Spezies) beprobt. In Spitzmäusen konnten die Forschenden RNA des neuartigen Erregers nachweisen. Dies ist ein Indiz dafür, dass es sich bei der Spitzmaus um ein natürliches Reservoir von LayV handeln könnte. In Ziegen und Hunden konnten Antikörper gegen das Virus nachgewiesen werden. Jedoch ist noch nicht bekannt, ob es bei den serologischen Nachweismethoden gegebenenfalls zu Kreuzreaktivitäten mit dem nah verwandten Mojiang-Virus kommen kann. Andere Henipaviren konnten auch in Fledermäusen und in verschiedenen Nagetieren gefunden werden. Daher ist es möglich, dass LayV auch in anderen Wirten zu finden ist.

Spitzmaus

Als Reservoir des neuen Virus werden Nagetiere, wie die Spitzmaus, diskutiert (Bild: pixabay)

Es werden weitere Untersuchungen notwendig sein, um die Übertragungswege (zoonotisch und/oder von Mensch-zu-Mensch) von LayV zu identifizieren, das Reservoir des Virus zu finden und die Pathogenität abschließend einschätzen zu können.

Es ist davon auszugehen, dass noch eine Vielzahl von bisher unbekannten Erregern auf unserer Erde existieren. Durch das Vordringen des Menschen in neue Lebensräume und durch Landnutzungsveränderungen kann sich das Risiko verändern, in Kontakt mit diesen Erregern zu kommen.  Der Fund des neuartigen Henipavirus zeigt, wie wichtig ein gutes Surveillance System für die frühzeitige Erkennung neuer (zoonotischer) Erreger ist.

Weitere Informationen:

Zhang XA, Li H, Jiang FC, Zhu F, Zhang YF, Chen JJ, Tan CW, Anderson DE, Fan H, Dong LY, Li C, Zhang PH, Li Y, Ding H, Fang LQ, Wang LF, Liu W. A Zoonotic Henipavirus in Febrile Patients in China. N Engl J Med. 2022 Aug 4;387(5):470-472. doi: 10.1056/NEJMc2202705. PMID: 35921459.

Erregersteckbrief Nipah-Virus

Artikel zu #

Buchstabensalat

Liebhaber von Akronymen kommen bei unserer „ Zoonose des Monats “ im April 2023 voll auf ihre Kosten. Aber auch für alle anderen lohnt es, sich durch den Buchstabensalat aus EPEC, ETEC, EIEC, UPEC...

Passende Termine