Das West-Nil-Virus bei Pferden: Immunantworten bei Infektion und Impfung
Ziel des Vernetzungsprojektes „WISSDIP: WNV-Prävalenz und Prophylaxe bei Säugetieren und Stechmücken in Deutschland“ ist es, die Epidemiologie und Immunologie einer WNV-Infektion in verschiedenen Wirten besser zu verstehen. Die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Asisa Volz, die am Institut für Virologie der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover arbeitet, hat dabei den Fokus auf das Pferd gelegt. Die Tiere sind empfänglich für das West-Nil-Virus und erkranken klinisch und sogar häufig so schwer, dass sie neurologische Ausfallerscheinungen haben. Das West-Nil-Virus (WNV) ist seit 2018 in Deutschland in der Pferdepopulation angekommen. Zum Glück gibt es zugelassene Impfstoffe, und immer mehr Pferdebesitzer lassen ihre Tiere impfen.
Bis vor wenigen Jahren war das West-Nil-Virus im deutschsprachigen Raum kaum vertreten. Seit es jedoch vermehrt auftritt, werden vermehrt Pferde gegen das Virus geimpft. Es gibt es drei zugelassene Impfstoffe für Pferde, die gut wirken. Das Interessante: Die genaue Wirkweise ist unklar, dazu gibt es bisher sehr wenige Daten.
Die Zulassungs-Studien zeigen, dass die Impfungen gute Antikörper-Antworten induzieren und auch gegen experimentelle Belastungsinfektionen schützen. Aber es gibt bisher keine spezifische Korrelation, welche der verschiedenen Immunantworten für eine Schutzwirkung verantwortlich ist. Genauso ist der Schutzmechanismus nach einer natürlichen Infektion ungeklärt. Die Impfstoffe für Pferde sind dabei hauptsächlich auf Antikörper evaluiert und zugelassen. Manchmal haben die Tiere aber auch sehr niedrige Titer und sind trotzdem geschützt. Möglich ist, dass in diesen Fällen eine T-Zell-Reaktion für Schutz sorgt. Der besondere Fokus der Gruppe um Asisa Volz liegt daher auf der T-Zell-Immunität bei Pferden.
Dazu muss zunächst unterschieden werden, ob die Pferde geimpft sind oder eine Infektion durchgemacht haben, da es auch denkbar ist, dass die Tiere mild oder gänzlich unerkannt erkranken. Daraus ergebe sich eine Reihe von Fragen, sagt Prof. Dr. Asisa Volz. Etwa: Besitzt das Tier eine protektive Immunantwort? Gibt es Impfversager? Ist es eher die T-Zell-Antwort, die einen Schutz vermittelt? Oder sind es die Antikörper plus Kreuzreaktivität mit den anderen Flaviviren, die auch in Deutschland vorkommen, also etwa FSME? Das Projekt „Vergleichende Charakterisierung von Immunantworten nach WNV-Impfung und WNV-Infektion bei Pferden“, das von ihr geleitet wird, soll, wie der Name sagt, einerseits vergleichen, wie die Immunantworten nach Impfung und Infektionen sind. Andererseits soll auch in Erfahrung gebracht werden, wie unterschiedlich die Immunantwort ausfällt, die von den verschiedenen Impfstoffen hervorgerufen wird. Volz sagt: „Wir unterscheiden zwischen Impf-induzierter Immunantwort und Infektions-assoziierter Immunantwort.“
Dazu hat das Team zwei Kohorten aufgebaut. Eine bestehend aus Pferden, die weder geimpft sind, noch mit WNV infiziert waren. Die andere Kohorte ist geimpft. Im Serum der Pferde wurde die Antikörper-Antwort charakterisiert; unter anderem wurden dabei auch die PBMCs isoliert, also die peripheren mononukleären Blutzellen, die für die T-Zell-Antwort verantwortlich sind. Die Frage ist: Kann man dann bei den Pferden überhaupt eine T-Zell-Antwort messen? Bisher gibt es dazu nur wenige Daten. Wie der Impfstoff West-Nil-Virus spezifische T-Zellen aktiviert, liegt weitgehend im Dunkeln. Eine dritte Kohorte besteht aus Pferden, die ohne vorherige Impfung infiziert waren. Bei diesen wird untersucht, welche Immunantworten nach der Infektion induziert werden.
Gleichzeitig wird bei der Kohorte der geimpften Pferde unterschieden, ob diese wirklich nur geimpft sind oder sie doch schon eine WNV-Infektion durchgemacht haben. Anhand spezifischer Antikörper-Antworten, kann man das unterscheiden.
Im Idealfall könnte man aus den gewonnenen Daten dazu beitragen, einen Impfstoff für den Menschen zu entwickeln, den es bisher nicht gibt – und ihn für Ältere optimieren, da in erster Linie ältere Menschen klinisch am West-Nil-Fieber erkranken. Bei diesen reagiert , auch aufgrund diverser Vorerkrankungen, die Immunantwort häufig nicht mehr so gut. Sieht man aber, dass bei Pferden eine hervorragende T-Zell-Antwort mit einer Schutzwirkung korreliert, könnte man einen Impfstoff für den Menschen ganz spezifisch in diese Richtung entwickeln. Die Impfstoffentwicklung für den Menschen ist aber nicht das Ziel des Projekts - auch weil WNV nicht direkt vom Pferd auf den Menschen übertragen wird. Ein schöner Nebeneffekt wäre die Hilfe für die Impfstoffentwicklung bei Menschen dennoch.
Das Team um Asisa Volz hat bereits den T-Zellen-Essay und einen EliSpot-Essay etabliert, also die spezifischen Antikörper evaluiert und so etabliert, dass man sie standardmäßig anwenden kann. Im Moment ist man in Hannover dabei, die FACS-Analyse beim Pferd zu etablieren. Zudem sind bereits erste Proben der Pferde aus der geimpften Kohorte analysiert. Bisher ist die Tendenz zu erkennen, dass es nach der Impfung spezifische T-Zellen gegen das E-Protein des West-Nil-Virus gibt.
Wie geht es im Teilprojekt nun weiter?
„Wir müssen alles noch parallel analysieren“, sagt Volz. „Wir würden auch noch mal die neutralisierten Antikörper anschauen, um wirklich ganz spezifisch die Qualität dieser Antikörper zu charakterisieren. Und dann müsste man ja noch die Korrelationen zwischen den spezifischen Immunantworten untersuchen.“
Viel Arbeit auf dem Weg zu einem besseren Verständnis von einer schützenden Impfung.