Eingriffe des Menschen in die Umwelt stellen nicht nur eine Gefahr für die Artenvielfalt dar. Störungen der Tierwelt können auch Ursache für die Übertragung von Infektionen zwischen Tieren und Menschen sein − so genannte Zoonosen. „Wir haben mit unseren Projekten in Panama und Namibia untersucht, wie zoonotische Infektionen entstehen können, wenn der Mensch die Artengemeinschaft der Wildtiere durch Lebensraumzerstörung oder Veränderung der Landnutzung stört. Dies führt auch dazu, dass Menschen, ihre Nutztiere und Wildtiere immer enger zusammenrücken, wenn sie z.B. in weiten Teilen Afrikas gemeinsame Wasserlöcher nutzen müssen“, illustrierte Prof. Dr. Simone Sommer (Universität Ulm) in ihrer Keynote zur Eröffnung des Nationalen Symposiums für Zoonosenforschung, das heute und morgen in Berlin stattfindet.
Während manche Tierarten eine Störung durch den Menschen besser verkrafteten, seien andere Arten sehr störungsempfindlich und verschwänden schneller. Eine Abnahme der Artenvielfalt führe aber oft zu höheren Populationsdichten der anpassungsfähigen, überlebenden Arten und begünstige so die Übertragbarkeit von Viren, die zoonotisches Potential entwickeln und damit möglicherweise Nutztiere und Menschen infizieren können. „Die zoonotischen Infektionen stellen aber nicht nur eine Bedrohung für den Menschen dar, auch Wildtiere leiden unter diesen Krankheiten“, betonte die Biologin.
Für Sommer ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit deshalb ein besonderes Anliegen. „Zoonosen zu verstehen, ist keine triviale Angelegenheit, sondern ein komplexes Vorhaben. Für unsere Arbeit sind daher integrierte Ansätze aus vielen Disziplinen sehr wichtig − aus Ökologie, Genetik, Human- und Veterinärmedizin.“
Ausrichtung der Zoonosenforschung auf den „One-Health“-Ansatz
Dass die Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt eng miteinander verwoben ist, und die Forschung neue Wegen gehen muss, um dem „One Health“-Konzept gerecht zu werden, betonte Andrea Spelberg vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in ihrem Grußwort. Anfang 2016 wurde aus diesem Grund die Forschungsvereinbarung zu Zoonosen, die zehn Jahre zuvor geschlossen worden war, erneuert. Inzwischen beteiligen sich daran vier Bundeministerien*. Wichtige Beiträge zur Umsetzung des „One Health“-Ansatzes in Deutschland soll das vom BMBF neu gegründete „Forschungsnetz zoonotische Infektionskrankheiten“ leisten. Dieses und weitere deutsche Verbünde und Initiativen zur Erforschung von Zoonosen werden im Rahmen des Symposiums am Donnerstagnachmittag und Freitagvormittag vorgestellt.
Rückblick und Ausblick auf vernetzte Zoonosenforschung in Deutschland
Das diesjährige Nationale Symposium für Zoonosenforschung blickt auf zehn Jahre vernetzte Zoonosenforschung in Deutschland zurück. „Die Zusammenarbeit zwischen Human- und Veterinärmedizin in der Forschung zu stärken war von Beginn an Aufgabe der Zoonosenplattform. Zukünftig wird unsere Mission sein, auf nationaler Ebene die Lücke zwischen Forschung und Anwendung durch den Austausch mit dem Öffentlichen Gesundheitswesen und dem Veterinärwesen zu schließen sowie die Plattform auch international zu positionieren“, sagte Prof. Dr. Stephan Ludwig (Westfälische Wilhelms-Universität Münster) in seinem Grußwort. Die Nationale Forschungsplattform für Zoonosen richtet das Symposium zum neunten Mal aus.
* Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Bundesministerium der Verteidigung (BMVg)