Der Initialschritt zahlreicher prokaryotischer und viraler Infektionen besteht in der Bindung von Adhäsinen der Krankheitserreger und der von Bakterien sezernierten Toxine an die Zelloberfläche empfänglicher Zielzellen des Wirtes, woraufhin die eigentliche Erkrankung ausgelöst wird. Alle tierischen und menschlichen Zellen besitzen Glykolipide in ihren Plasmamembranen, die von einer Vielzahl von Bakterien und Viren als Andockstrukturen benutzt werden. Nach Bindung an die Zelloberfläche erfolgt beispielsweise bei Viren oder Toxinen die Rezeptor-vermittelte Aufnahme in das Zellinnere, was letztendlich zur Manifestation einer Infektion führt. Bislang wurden für einige Zoonosenerreger z.B. fimbrielle Adhäsine und von ihnen sekretierte Toxine beschrieben, wobei deren Wirtsrezeptoren im Tier und im Menschen jedoch noch weitgehend unbekannt sind.
In diesem Pilotprojekt wurden in Kooperation mit sieben ausgewiesenen Wissenschaftlern der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen die potentiellen Glykolipidrezeptoren von zoonotischen Virulenzfaktoren bzw. Zoonosenerregern untersucht. Anschließend erfolgte die strukturelle Charakterisierung sowohl des hydrophilen Oligosaccharid- als auch des hydrophoben Ceramidteils der Glykolipide mit neuesten biophysikalischen Techniken.
Im Detail wurden
1. das Subtilase Zytotoxin aus enterohämorrhagischen Escherichia coli (EHEC),
2. das Adhäsin I von extraintestinalpathogenen E. coli (ExPEC),
3. neuartige Konstrukte aviärer Hämagglutinin-Fusionsproteine (H7 und H9) und
4. intakte H1N1-Influenzaviren vom Schwein und aviäre H5N1-Stämme
bearbeitet.
Basierend auf dem immunchemischen Rezeptornachweis wurden massenspektrometrische (MS) Verfahren eingesetzt, wobei die strukturelle Charakterisierung der Glykolipid-Rezeptoren mittels Infrarot Matrix-unterstützter Laser-Desorption/Ionisation Flugzeit Massenspektrometrie (IR-MALDI-TOF-MS) und Elektrospray-Ionisation Quadrupol Flugzeit Massenspektrometrie (ESI-QTOF-MS) erfolgte. Im Verlauf des Projektes wurde die Identifizierung potentieller Glykolipid-Rezeptoren von Zoonosenerregern allen Mitgliedern der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen als Serviceleistung angeboten.
Weiterhin besteht das mittel- bis langfristige Ziel in der Anwendung der erzielten Ergebnisse für neue Therapieansätze zur Bekämpfung von Zoonosenerkrankungen.
Workshop
Im Rahmen dieses Projektes fand am 24. und 25. September 2012 ein Workshop für Tiermediziner*innen, Humanmediziner*innen und Naturwissenschaftler*innen der verschiedensten Fachrichtungen statt. Ziel des Workshops war es, den Teilnehmenden einen Einblick in die Massenspektrometrie als wichtige Analysemethode in der Zoonosenforschung zu geben. Der zweitägige Workshop wurde am Institut für Hygiene am Universitätsklinikum Münster durchgeführt und war in einen Theorie- und einen Praxisteil aufgeteilt.
Den ausführlichen Nachbericht können Sie hier nachlesen.
Koordination:
Prof. Dr. Johannes Müthing (Institut für Hygiene, Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
Projektpartner:
Prof. Dr. Herbert Schmidt (Institut für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie, Universität Hohenheim)
Prof. Dr. Lothar Wieler (Institut für Mikrobiologie und Tierseuchen, Freie Universität Berlin)
Prof. Dr. Stephan Ludwig und Mitarbeiterin Dr. Christina Ehrhardt (Institut für Virologie, Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
Prof. Dr. Georg Herrler (Institut für Virologie, Tierärztliche Hochschule Hannover)
Prof. Dr. Dr. h.c. Helge Karch (Institut für Hygiene, Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
PD Dr. Alexander Mellmann (Institut für Hygiene, Westfälische Wilhelms-Universität Münster)
Projektlaufzeit: 01.02.2012 - 31.01.2013