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Herausforderungen durch neue Ernährungsformen

Weniger Zoonosen durch optimierte Tierhaltungsformen und vegetarische/ vegane Novel Foods?

Am 11. Mai 2023 fand der zweite Teil der Workshopreihe „Zoonosen im Kontext gesellschaftlicher Herausforderungen“ der Nationalen Forschungsplattform für Zoonosen in Kooperation mit der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen statt. Im Fokus standen Lebensmittel und Landwirtschaft. Hierbei ging es sowohl um die Vereinbarkeit von Tierwohl und der Risikominimierung von Tierseuchen und Zoonosen als auch um Herausforderungen in Bezug auf Lebensmittelinfektionen durch neue Ernährungstrends.

Das Thema „Lebensmittel und Landwirtschaft“ betrifft uns alle, denn wie der Name bereits sagt, benötigen wir Lebensmittel zum (Über-)Leben. Zugleich stellt uns das Thema vor zahlreiche gesellschaftliche Herausforderungen. So gilt es in der Tierhaltung beispielsweise Tierwohl und Biosicherheit unter einen Hut zu bekommen.

Tierwohl vs. Biosicherheit

Wie Dr. Tobias Krause, Wissenschaftler am Institut für Tierschutz und Tierhaltung am Friedrich-Loeffler-Institut in Celle, erörterte, hat das Tierwohl in den vergangenen Jahren stetig an Bedeutung gewonnen und die Ertragsoptimierung steht nicht mehr alleinig im Fokus. Als Verhaltensbiologe untersucht Dr. Krause unter anderem wie sich verschiedene Haltungsformen auf das Wohlbefinden von Nutztieren auswirken. Dabei zeigt sich, dass eine artgerechte Tierhaltung durchaus einen Unterschied machen kann. Allerdings bringen diese Haltungsformen, die häufig mehr Freilufthaltung beinhalten, auch neue Herausforderungen für die Biosicherheit mit sich. Das Hygienemanagement wird komplexer und der Kontakt mit Pathogenen und zu Wildtieren ist in der Freilandhaltung schwieriger zu kontrollieren als in abgeschotteten Ställen. Da Nutztierbestände auch eine Quelle für zoonotische Erreger darstellen können, gelte es daher, einen guten Kompromiss zwischen Tierwohl, dem Schutz vor Tierseuchen und dem Schutz vor Zoonosen zu finden.

Lehren aus Pandemien für die Tierhaltung

Aus vergangenen Pandemien, wie beispielsweise der Spanischen Grippe, könne man auch einige Lehren für die Tierhaltung ziehen. So hat sich über die vergangenen Jahre beispielsweise die Hygiene im Stall, die Trennung von Wildtieren, aber auch das Tierseuchenmonitoring und die Maßnahmen im Tierseuchenfall in Deutschland verbessert. Im Anbetracht der aktuell grassierenden aviären Influenzawelle sind dies durchaus wertvolle Entwicklungen, die potentiell Ausbruchsgeschehen und der Entstehung neuer Zoonosen vorbeugen können. Um zukünftigen Problemen in der Tierhaltung begegnen zu können, sei der One Health-Ansatz ein wertvolles Konzept, um die Gesundheit von Nutztieren, Menschen und der Umwelt bestmöglich in Einklang zu bringen.

Neue Ernährungsformen, neue Risiken

Geht man einen Schritt weiter von der Landwirtschaft hin zu Lebensmitteln, warten auch hier eine Vielzahl an gesellschaftlichen Herausforderungen im Kontext mit Zoonosen. Insbesondere durch neue Bestrebungen hin zu nachhaltigeren und ressourcenschonenderen Produkten entstehen neue Ernährungstrends, die potentiell auch neue Lebensmittelinfektionen mit sich bringen können. Laut Daten der EFSA waren in den vergangenen Jahren die meisten tödlichen Lebensmittelinfektionen auf tierische Lebensmittel zurück zu führen (siehe EFSA Dashboard). Mit einer Zunahme an veganen und vegetarischen Produkten sei das Problem jedoch nicht automatisch gelöst, wie Dr. Matthias Fischer, Leiter der Fachgruppe Lebensmittelmikrobiologie und Erreger-Wirt-Interaktion am Bundesinstitut für Risikobewertung, erörterte. Denn auch pflanzliche Lebensmittel würden mikrobiologische Risiken bergen, insbesondere wenn sie roh verzehrt werden. Als Beispiele führte er hier Sprossen, Melonen oder Mehl an. Auch Lebensmittel aus neuen Anbauformen, wie beispielsweise Salate aus Controlled Environment Agriculture (CEA), würden neue Kontaminationsquellen mit sich bringen. Wenige Erfahrungen gebe es aktuell auch zu einigen alternativen Proteinquellen, wie beispielsweise Insekten. Es konnten bereits eine Vielzahl an verschiedenen Bakterien in Insektenlebensmitteln gefunden werden, zudem seien aber noch viele Fragen zur Insektenhaltung und zu Produktionsmethoden offen.

Fragen an die Forschung

Lebensmittelinfektionen spielen daher auch bei pflanzlichen Lebensmitteln eine Rolle. Dr. Fischer wies jedoch darauf hin, dass sich die Bedeutung einzelner Erreger mit veränderten Ernährungsgewohnheiten verschieben könnte. Langfristig sei es notwendig, das eigene Verhalten, sowie Überwachungskonzepte an neue Ernährungsgewohnheiten sowie neue Produkte und Produktionsmethoden anzupassen. Potentielle Infektionsrisiken durch neue Lebensmittel und Ernährungsgewohnheiten müssten weiter erforscht werden.

Der Workshop thematisierte wichtige Aspekte der Tierhaltung und der Lebensmittelinfektionen, die es im Hinblick auf gesellschaftliche Veränderungen zukünftig im Blick zu behalten gilt. Dabei wurde deutlich, dass fachübergreifende Forschung in diesem Bereich notwendig ist, um nachhaltige, ressourcenschonende Ernährungskonzepte im Einklang mit dem Gesundheitsschutz von Nutztieren und Menschen auf den Weg zu bringen, zu optimieren und zu überwachen.

Text: Dr. Dana A. Thal (Nationale Forschungsplattform für Zoonosen)

Podcastfolge zum Workshop:

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