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„Ohne effiziente Basishygiene geht es nicht“

© Uljana Klein

"Ohne effiziente Basishygiene geht es nicht"

Die WHO warnt vor einer Zunahme von Multi-Resistenten-Erregern (MRE), in der sie eine Gefahr für die globale Gesundheit ausmacht. Seit vielen Jahren beschäftigt sich Dr. Christiane Cuny mit Erregern wie etwa dem Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA). Die Veterinärmedizinerin forscht am Robert Koch-Institut am Standort Wernigerode und ist Mitarbeiterin des Nationalen Referenzzentrums (NRZ) für Staphylokokken und Enterokokken. Innerhalb des Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten ist sie Teil des Verbundes #1Health-PREVENT.

 

Gemeinsam mit weiteren Kolleginnen und Kollegen aus dem Forschungsverbund #1Health-PREVENT haben Sie Ende des vergangenen Jahres eine Studie veröffentlicht. Worum geht es dabei?

Diese Studie erfolgte in Kooperation mit den Kollegen des Universitätsklinikums Münster sowie dem Fachbereich Agrarwirtschaft der Fachhochschule Südwestfalen. Zum Hintergrund: Beim Auftreten von Resistenz gegen Carbapenem-Antibiotika bei Gram-negativen Bakterien gibt es im Falle von Infektionen beim Menschen nur wenig Alternativen, zumal die betreffenden Isolate oft mehrfachresistent sind. Tritt dann die Resistenz gegen Colistin dazu, ist das Ende der therapeutischen Möglichkeiten erreicht. Resistenz gegen Colistin ist bei Enterobacteriales von Masttieren verbreitet, Resistenz gegen Carbapeneme ist noch selten. Für unsere Untersuchungen haben wir Stuhlproben von Menschen mit Tätigkeit in 81 Schweinemastbetrieben genommen. Die wichtige Frage dabei war, ob sie durch ihre Tätigkeit Resistenzgene oder Bakterienstämme mit Resistenzen aufnehmen oder diese in ihr eigenes Mikrobiom integrieren. Carbapenemase bildende Enterobacteriales wurden dabei nicht detektiert, Resistenz gegen Colistin (Col-E) hingegen aber bei 2 von 138 Landwirten (1,4%). Beide Landwirte arbeiteten auf Mastanlagen, auf denen die entsprechenden Tiere diesbezüglich negativ getestet wurden. Hier lag offenbar keine zoonotische Übertragung vor. Bei Menschen mit Tätigkeit in Schweinemastanlagen mit Nachweisen von Col-E bei Schweinen (Nachweise bei 5,7% der Tiere) wurden Enterobacteriales mit Col-E nicht beobachtet.

 

Welchen Forschungsschwerpunkt haben Sie innerhalb dieser Forschung übernommen?

Wie eine Reihe vorangegangener nationaler und internationaler Studien gezeigt haben, besteht für Personen mit beruflicher Exposition zum Nutztiersektor oder aktuell auch Tätigkeiten in Tierkliniken ein hohes Risiko für den Erwerb einer nasalen Besiedlung mit gegenüber Antibiotika mehrfach resistenten Bakterien. Dies betrifft insbesondere Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Basierend auf diesen Ergebnissen ist das Ziel unserer Forschungsarbeiten, die Verbreitung explizit von MRSA bei diesen Berufsgruppen (Schweinehalter, Melker, Veterinärpersonal beispielsweise) durch geeignete Präventionsmaßnahmen zu verhindern. In der Schweinemast betrifft dies das Erforschen der Wirksamkeit von alternativen Haltungsbedingungen (Aufstallen der Tiere auf Stroh, Schaffung einer protektiven Standortflora zur Verdrängung der MRSA in der Stallumgebung resp. Stallluft) für die Tiere und von geeigneten Schutzmaßnahmen bei Landwirten und Tierärzten. In den Pferdekliniken steht das Etablieren von geeigneten Barrieremaßnahmen (dauerhaftes Tragen von Mund-Nasen-Schutz, Einmalhandschuhe) im Rahmen komplexer Maßnahmenbündel neben einem regelmäßigen Screenen der Personen derzeitig im Vordergrund.

 

Wie sind Sie hierbei vorgegangen?

Zu Beginn bestand die Arbeit vornehmlich im Rekrutieren von konventionellen und alternativen Schweinemastbetrieben sowie von Pferdekliniken einschließlich der Bereitschaft der dort tätigen Menschen zur regelmäßigen Beprobung. Wir screenten auf nasales Trägertum mit MRSA sowie auf eine kolorektale Besiedlung mit sogenannten ESBL-Erregern (Gram-negative Bakterien die β-Laktamasen mit breitem Wirkungsspektrum bilden oder gar mit Carbapenem- und Colistin-resistenten Erregern). Die in mehreren Beprobungsintervallen gewonnen Untersuchungsmaterialien wurden gezielt auf das Vorkommen der oben genannten resistenten Bakterien untersucht. Im Falle von Nachweisen wurde für die betreffenden Isolate die molekulare Typisierung sowie eine umfassende phänotypische Resistenzbestimmung durchgeführt. Im Anschluss daran wurde jeder freiwillig teilnehmende Proband über das Ergebnis in Form eines schriftlichen Berichtes über das Untersuchungsergebnis informiert und Sanierungsempfehlungen ausgesprochen. Das Veterinärpersonal sanierte sich mittels der Anwendung lokal wirkender antibiotisch, später dann antiseptisch wirkender Nasensalben und der Optimierung der eigenen Hygienemaßnahmen, auch fanden Schulungen statt. Den Landwirten wurde aufgrund der möglichen Inhalation erregerhaltigen Stallstaubes das regelmäßige Tragen von Mund-Nasenschutz während der Stallarbeiten empfohlen.

 

Welche Tiere stehen bei der Übertragung von MRSA auf den Menschen besonders im Fokus und weshalb tragen diese Tiere ein höheres Risiko, mit MRSA infiziert zu sein?

Die Ursachen für das Auftreten und die Verbreitung von LA-MRSA CC398 in konventionell geführten Schweinemastanlagen sind sehr komplex. Eine wesentliche Rolle kommt dem häufigen Antibiotikaeinsatz während der Mastperiode zu (Selektionsdruck), hier sind in den Tierpopulationen auch die Nachweisraten am höchsten. Die Verbreitung zwischen den Mastbetrieben wird durch den Erwerb von Ferkeln aus dafür spezialisierten Betrieben begünstigt. Dass damit auch die MRSA regional und national verbreitet werden, zeigen auch mathematische Modellierungen der sogenannten „Ferkelströme“. Weiterhin bedingen die niedrigen Fleischpreise bei ständig steigenden Produktionskosten die sehr hohen Belegungsdichten in diesen Schweinemastanlagen. Hier führen insbesondere auch fehlende Einstreu, wie Stroh für die Schaffung einer physiologischen Standortflora oder als Beschäftigungsmaterial, zu Langeweile und Frust bei den Tieren, die daraufhin mit Verhaltensanomalien, wie dem Schwanzbeißen beginnen. Dies führt dann neben Wundinfektionen auch zu anderen klinischen Bildern wie Ohrrand- und Schwanzspitzennekrosen bis hin zu sich systemisch ausbreitenden Infektionen (Gelenk- und Lungenentzündung). Unschwer nachvollziehbar, dass damit auch Schlachtfleisch kontaminiert ist, weshalb leider auch die Berufsgruppe von Schlachthofpersonal zu den beruflich exponierten Personen gerechnet werden muss, die ein erhöhtes MRSA-Kolonisationsrisiko tragen. Verdeutlicht wird dies aus dem Vergleich mit alternativ geführten Betrieben: hier erfolgt eine Einzeltierbehandlung, verletzte Tiere werden aus der Vermarktung genommen und separiert. Neben einem geringeren Antibiotika-Einsatz, ist auch die Bestandsdichte in den Anlagen deutlich niedriger. Diese Tiere stehen auf Stroh, haben oftmals einen Außenbereich und genügend Beschäftigungs- und Bewegungsmöglichkeiten. Außerdem verfügen diese Betriebe über ein eigenes Reproduktionssystem, so dass kein Zukauf von außen erfolgt. Viele dieser Betriebe haben eine hofeigene Schlachtung, so dass es durch den ausbleibenden Tierverkehr auch zu keiner Vermischung von Schlachtchargen und Kontamination von Schlachtfleisch kommt.

 

Soweit zu den Schweinen. Wie ist die Situation denn bei den Pferden und in den Pferdekliniken?

Die Situation bezüglich MRSA in Pferdekliniken ist durchaus vergleichbar mit unseren Krankenhäusern: Es gibt endemisch auftretende MRSA-Hospitalstämme, zu deren Auftreten der antibiotische Selektionsdruck beiträgt. Ihre Verbreitung in den Tierkliniken und auch auf dort tätigen und exponierten Berufsgruppen wird durch Hygienemängel begünstigt.

Auch hier sind es ineinandergreifende Prozesse. Für das Unterbrechen der daraus resultierenden Infektionsketten ist eine interdisziplinäre Herangehensweise essentiell.

 

Inwiefern ist das Pferd ein Modelltier?

Wie frühere Untersuchungen unserer Arbeitsgruppe gezeigt hatten, war zu Beginn des Projektes die nasale MRSA- Besiedlung der in Pferdekliniken tätigen Menschen mit mehr als 20% besorgniserregend hoch. Insofern handelt es sich hier nicht um das Pferd „als Modelltier“, sondern um die spezielle Situation in den Pferdekliniken, wo zunehmend ein Klinik-assoziierter MRSA Stamm aus dem Livestock-Bereich verbreitet ist und früher endemisch in Tierklinken verbreitete MRSA-Stämme verdrängt.

 

Welche Erkenntnisse konnten bisher aus diesen verschiedenen Studien gewonnen werden?

Die nasale Besiedlung von Landwirten mit LA-MRSA CC398 in konventionell geführten Schweinemastanlagen ist nach wie vor häufig (54%) und leider auch nachweisbar bei nicht gegenüber den Tieren exponierten Familienangehörigen (32%), dies dann als Zeichen einer intrafamiliären Übertragung im Haushaltskontakt. Diese Besiedlung tritt auch auf bei Landwirten in teil-alternativen Anlagen, jedoch nicht in vollständig alternativ geführten Betrieben. Das Ausbringen einer vermeintlich protektiven Konkurrenz-Flora in den konventionellen Anlagen (durch Vernebelung von Bacillus ssp.) verhinderte die MRSA-Besiedlung bei den dort tätigen Menschen leider nicht. Beruhigenderweise wurden gegen Carbapeneme resistente Enterobacteriales nicht nachgewiesen, gegen Colistin resistente E. coli wurden bei 5,7 % der untersuchten Schweine und 1,4% der in den Mastanlagen tätigen Menschen detektiert.

Die vergleichsweise häufige nasale Besiedlung mit MRSA bei Tierärzten und anderen in den Kliniken tätigen Personen (Tiermedizinische Fachangestellte, Stallpersonal, Hufschmiede) konnte in 17 an der Studie teilnehmenden Pferdekliniken deutlich vermindert werden (17,9 % auf 12,9 %). Ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass es weiterhin ein sehr dynamisches Geschehen ist: Einige Kliniken setzen die Empfehlungen um und haben auch das Veterinärpersonal dahingehend gut geschult. Andererseits gibt es leider auch Kliniken, die mehrmalige Aufforderungen des regelmäßigen Screenings bewusst aussitzen und dann erst im Zusammenhang mit dem vermehrten Auftreten postoperativ auftretender Wundinfektionen bei ihren Patienten Handlungsbedarf sehen. Dann sind allerdings die Nachweiszahlen in diesen Kliniken wieder erschreckend hoch und es stellt sich heraus, dass die Sanierung nicht erfolgreich war. Tatsächlich ist es so, dass die Typisierung der MRSA-Isolate, die in der überwiegenden Mehrzahl dem Tierklinik-assoziierten Hospitalstamm (=Sub-Population von LA-MRSA CC398) angehören, darauf hinweist, dass es einen Dauerträgerstatus beim Veterinärpersonal gibt. Dies spricht klar gegen einen ständigen Neueintrag von außen und weist darauf hin, dass Sanierungsmaßnahmen beispielsweise nicht strikt durchgeführt wurden oder nicht greifen. Darüber hinaus erwerben Pferdekliniken auch MRSA-Fälle durch neu aufgenommenen Pferde-Patienten mit asymptomatischem Trägertum. Große Ausbrüche von Infektionen und Besiedlungen gab es bisher nicht. Vielmehr handelte es sich um einen kontinuierlichen Eintrag durch beispielsweise rotierendes Veterinärpersonal, aber auch durch Schnittstellen mit dem Nutztiersektor durch die Außendiensttätigkeit.

 

Und was würde dagegen helfen?

Integriert in eine konsequente Basishygiene können dauerhafte Barriere-Maßnahmen (Mund-Nasen-Schutz, Einmal-Handschuhe) wirksam vor einer MRSA-Besiedlung schützen. Ohne diese effiziente Basishygiene geht es nicht: wir konnten das Unterbrechen einer Infektionskette mit MRSA CC398 in einer Pferdeklinik durch die Detektion resp. Beseitigung kontaminierten Equipments (Nasenbremse, Stallhalfter, Führstricke) sowie anderer Hygienemängel aufzeigen.

 

Sie haben eine Studie zum Thema Staphylokokken bei Menschen und Hunden, die in verschiedenen Beziehungen miteinander in Kontakt stehen, durchgeführt. Wurde dieser Themenkomplex in der Forschung bislang wenig beachtet?

In den letzten Jahren gewannen Haustiere, vornehmlich Hunde, eine zunehmende Bedeutung für die tiergestützte Therapie in Kliniken sowie als Besuchs- und Begleittiere in Alten- und Pflegeheimen. Obgleich man sich der vielen positiven Aspekte (Stimmungsaufhellung, Bewegungsmotivation, Blutdrucksenkung etc.) durchaus bewusst ist, bestehen weiterhin Unsicherheiten über damit verbundene Infektionsrisiken für die Patienten. Gefürchtet sind dabei Übertragungen von Methicillin-resistenten (MRSA) sowie Methicillin-empfindlichen Staphylococcus aureus (MSSA) zwischen Hund und Patient. Daneben könnten auch S. pseudintermedius, die bei Hunden als Besiedler und (teils multiresistente) Infektionserreger weit verbreitete Hospitalkeime sind, übertragen werden und zu Infektionen bei immunsupprimierten Menschen führen. Wegen wiederholter Anfrage zu dieser Thematik an mich während meiner Vortragstätigkeit, aber auch gerichtete Fragen an das Nationale Referenzzentrum für Staphylokokken und Enterokokken, das am Robert Koch-Institut angesiedelt ist, wurde diese Studie zusätzlich zu den Aufgaben im Rahmen des Projektes durchgeführt.

 

Während Ihrer Studie unterschieden Sie zwischen drei verschiedenen Kohorten im Hinblick auf die Beziehung zwischen Mensch und Hund. Weshalb haben Sie diese Unterteilung vorgenommen?

Mit der Auswahl der drei Kohorten verfolgen wir die Absicht, eine breite Diversität bezüglich des Expositionsgrades zu erzielen: Kohorte I bildeten Mensch/Hunde-Paare aus gemeinsamen Haushaltkontakten, um zu untersuchen, ob die Intensität und das gemeinsame Leben im Haushaltverband einen Einfluss auf die Nachweishäufigkeit von S. aureus/MRSA oder S. pseudintermedius haben. Kohorte II waren Hunde/Halter nach einem Tierarztbesuch, während Kohorte III durch Therapie-, Besuchs- und Begleithunde sowie deren Halter gebildet wurde. In Kohorte II und III ging es um den Kontakt zur Veterinärmedizin bzw. die Exposition gegenüber kurativen Einrichtungen des humanen Gesundheitswesens.

 

Wie genau erfolgten die Beprobung und die Auswahl der Probanden?

Die Studie war im Zeitraum von 2018 bis 2020 als einmalige Beprobung angelegt, während für einen kleinen Kreis der Probanden (zeitgleicher S. aureus-Nachweis bei Mensch und Hund aus einem Haushaltkontakt) eine erneute Beprobung nach zwölf Monaten erfolgte.

Die Rekrutierung der Studienteilnehmer erfolgte durch direkte Kontaktaufnahme durch mich (Kohorte I) und während eines Tierarztbesuches durch den behandelnden Tierarzt für die Kohorte II. Die Akquise der Probanden aus der Kohorte III erfolgte durch Vermittlung des Malteser Hilfsdienstes in Niedersachsen. Die Besuchs- und Begleithunde mit Tätigkeit in Alten-Pflegeheimen kommen aus Niedersachsen und Hessen, die Therapiehunde sind über den Verein „Tiere als Therapie“ (TAT, www.tierealstherapie.at) ausgebildet worden und besuchen mit ihren Besitzern ehrenamtlich verschiedene Einrichtungen des deutschen Gesundheitswesens. Auch hier erfolgte dann die direkte Kontaktaufnahme durch mich. Nach freiwilliger Zustimmung zur Studienteilnahme und Rücksendung der Einwilligungserklärung erhielten alle Teilnehmer ein Probanden-Infoschreiben mit einer detaillierten Anleitung zur Selbstbeprobung und Testung der Hunde. Weiterhin gingen an die Studienteilnehmer die entsprechenden Abstrich-Materialien, ein Fragebogen für die Erfassung demografischer Daten sowie Risikofaktoren für die Besiedlung mit S. aureus/MRSA. Das jeweilige Ergebnis ging den Studienteilnehmern postalisch zu.

 

Sie haben sowohl auf S. aureus als auch auf MRSA getestet. Welche Unterschiede in den verschiedenen Kohorten konnten Sie hier feststellen?

In Kohorte I wurden Nasenabstriche von 179 Menschen und 112 Hunden aus 83 Haushalten eingeschlossen. Eine nasale Besiedlung mit S. aureus wurde bei 36,9% der Menschen und 8,0% der Hunde beobachtet. Die Häufigkeit der Übertragungen zwischen Menschen und Hunden war signifikant geringer als zwischen Menschen in den gleichen Familien. Die detektierten Hunde-Isolate zeigten die gleichen molekularen Typisierungsmerkmale wie Isolate der zugehörigen Menschen aus diesem Haushalt. Nachweise von MRSA erfolgten lediglich bei zwei Menschen, erfreulicherweise jedoch bei keinem Hund. In Kohorte I detektierten wir S. pseudintermedius bei 36,6% der Hunde und bei 0,6% der Menschen als Besiedler des Vestibulum nasi. In Kohorte II wurde eine nasale Kolonisation mit S. aureus bei 11,8% der Hunde nach Tierarztkontakt, in Kohorte III bei 1,7% der Hunde sowie 28,3% der zugehörigen Hundehalter nachgewiesen. Für S. pseudintermedius betraf dies 35,3% der Hunde in Kohorte I, 11,9% in Kohorte II sowie einen Halter (1,9%) in Kohorte III.

 

Lässt sich sagen, ob und inwiefern S. aureus bzw. MRSA vom Hund auf den Menschen oder auch vom Menschen auf den Hund übergeht?

Die von uns beobachtete Häufigkeit der nasalen S. aureus -Besiedlung bei Haushalten mit familiärer Mensch-Hund-Beziehung liegt mit 36,9% deutlich höher als aus früheren Studien in Deutschland berichtet. Bei 8/84 der teilnehmenden Haushalte (Kohorte I) waren die jeweils bei Mensch und Hund detektierten S. aureus genetisch sehr eng verwandt. Dies gibt Hinweise darauf, dass die von einem Träger ausgehende intrafamiliäre Übertragung zwischen Hund-Mensch seltener erfolgt als zwischen Mensch-Mensch, was wir dagegen in 17 Haushalten beobachten konnten. Die Häufigkeitsverteilung der Zuordnung zu den klonalen Komplexen und Sequenztypen der bei den Menschen und Hunden zeitgleich detektierten S. aureus-Isolate erlaubt keinen Hinweis auf eine für Hunde spezifische Subpopulation von S. aureus. Vielmehr ist infolge der selteneren Nachweise bei Hunden davon auszugehen, dass Menschen das Reservoir für die Besiedlung bei Hunden sind. Bei keinem der insgesamt gescreenten 112 Hunde wurden MRSA detektiert. Es liegt nahe, dass Hunde MRSA primär durch Aufenthalte in Tierkliniken oder durch den direkten Kontakt zu Menschen mit einer MRSA-Besiedlung/Infektion erwerben können. Bei 19/188 Hunden der vorliegenden Studie, für die in der Fragebogenauswertung ein vorheriger Tierklinikaufenthalt angegeben wurde, konnte dies im Unterschied zum Erwerb von Methicillin-resistenten S. pseudintermedius (MRSP) nicht bestätigt werden. Mit einer Nachweisrate von 6,9% unter der Gesamtheit der getesteten 188 gesunden Hunde scheinen S. aureus als transiente Hautkeime erfreulicherweise bei dieser Tiergruppe von untergeordneter Bedeutung zu sein. Im Unterschied zu S. aureus sind S. pseudintermedius bei Hunden als kommensaler Besiedler des Nasenvorhofes und der Haut weit verbreitet. Die von uns beobachtete Prävalenz war mit 29,3% höher als für in der Bevölkerung lebende Hunde aus Spanien mit 23% bzw. Korea mit 24% berichtet, allerdings niedriger im Vergleich zu Kanadischen Studie mit 46% Nachweishäufigkeit. Bei lediglich einem der 59 in den unterschiedlichen Einrichtungen des Gesundheitswesens eingesetzten Hunde wurden S. aureus isoliert (CC30), und auch die Nachweise bei deren Haltern waren deutlich niedriger als bei den Menschen der Kohorte I und II. Eine Erklärung könnte sein, dass die Halter von Therapie-Hunden weniger enge Kontakte zu ihren Tieren pflegen als Menschen zu ihren im Haushaltkontakt lebenden Hunden. Das Risiko des Erwerbs von S. aureus resp. MRSA ist für den Menschen durch den Kontakt zu Hunden, vor dem Hintergrund des niedrigen Kolonisationsstatus dieser Tiere, als gering einzuschätzen.

Bei Einhaltung von Basishygiene sowie strikter Befolgung der relevanten Hygienemaßnahmen erlaubt die derzeitige Datenlage den Schluss, dass die positiven Aspekte der tiergestützten Therapie mit Hunden einem möglichen Infektionsrisiko für Menschen überwiegen.

 

Das Interview führte Christoph Kohlhöfer.