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ÖGD-Projekte

Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert seit 2008 Forschung im Bereich Zooosen.

Seit 2017 besteht das Forschungsnetz Zoonotische Infektionskrankheiten, das deutschlandweit an vielen verschiedenen Forschungsinstituten angesiedelt ist. Das Institut für Virologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin leitet das Koordinationsprojekt des Forschungsnetzes.

Unter dem Dach des Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten werden Projekte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) und des Veterinärdienstes gefördert.

 

Hintergrund

Zoonotische Infektionen – also Infektionserkrankungen, die zwischen Menschen und Tieren wechselseitig übertragen werden können, sind eine ständige Herausforderung für die Gesellschaft. Sie beschäftigen insbesondere die Wissenschaft im Bereich Human- und Veterinärmedizin, betreffen die Bevölkerung in Form individueller Erkrankungen und stellen in besonderer Weise Ansprüche an den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) und den Veterinärdienst. Interdisziplinäres Arbeiten ist Voraussetzung, wenn man Zoonosen effektiv begegnen möchte.

Förderung

Um die Erforschung, Erkennung, Prävention und Heilung von Zoonosen im operativen Bereich zu unterstützen, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter dem Dach des Forschungsnetzes für Zoonotische Infektionskrankheiten sogenannte ÖGD-Projekte. Diese sollen Institutionen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und des Veterinärdienstes ermöglichen, konkrete Herausforderungen in ihrere Region und in ihrem Alltag im Bereich Zoonosen wissenschaftlich zu erforschen. Dafür können sie auf Antrag Fördermittel vom BMBF erhalten. Bei Bedarf können Mitglieder des Forschungsnetzes bei der Entwicklung der Forschungsfragen und bei der Forschung unterstützen.

Das Einreichen von Anträgen ist im Rahmen jeweiliger Aufrufe möglich. Aufrufe gab es jeweils in 2018 und 2019. Aktuell gibt es keinen Aufruf und keine Einreichmöglichkeit.

ÖGD-Projekte

Forschungsprojekte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) - sogenannte ÖGD-Projekte - widmen sich konkreten Themen, die aus Institutionen des ÖGD und des Veterinärwesens vorgeschlagen werden. Die Themen sind vielseitig und werden in den jeweiligen Projektbeschreibungen dargelegt.

Aktuelle ÖGD-Projekte

Dem Aufruf für ÖGD-Projekte im Jahr 2018 sind viele Antragsteller gefolgt. Zahlreiche eingereichte Projekte wurden vom Koordinierungskreis zur Förderung empfohlen. Davon sind folgende Projekte bereits in Förderung:

Zuwendungsempfängerinnen: Dr. Stefanie Heinze / Prof. Dr. Caroline Herr

Institution: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Förderzeitraum: 1.1.2019 - 31.12.2021

Kurzbeschreibung

Das Projekt ZooM hatte zum Ziel, die für den ÖGD (Human- und Veterinärmedizin) arbeitsrelevanten, offenen Fragen im Bereich der zoonotischen Bedeutung von MRE an der Schnittstelle Veterinär/Humanmedizin zu identifizieren, zu beantworten und als FAQs zu disseminieren. Anlass waren die zunehmenden Zahlen von Infektionen durch multiresistente Erreger (MRE) bei Menschen und Tieren. Die wichtigsten Erreger mit Antibiotikaresistenzen sind dabei multiresistente gramnegative Erreger (MRGN) wie Extended-Spektrum β-Lactamase bildende Enterobakterien (ESBL), sowie Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA). Der Aspekt der zoonotischen Bedeutung von MRE spielt auch im privaten Bereich eine zunehmend größere Rolle, wurde jedoch in bisherigen Empfehlungen wenig adressiert. So müssen MRE auch im Zusammenhang mit Nutz-, Haus- und Therapietieren diskutiert werden, da bei 0-1,4%/0-25% der Katzen, 0,4-2,6%/24-85% der Hunde, 3-9%/11% der Pferde in Deutschland von einer Besiedlung durch MRSA/ESBL-E ausgegangen werden muss. Zudem erwerben viele Menschen (Landwirte, Tierärzte und deren Haushaltsmitglieder) MRE durch den Kontakt zu Nutztieren, wo MRSA und ESBL-E, etwa in der Schweinehaltung in 70-100%/>60% der Bestände gefunden werden und nun sogar Carbapenemase-bildende Erreger nachgewiesen wurden. Die Publikationen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) am Robert Koch-Institut oder die Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA) haben den Fokus auf der Formulierung von Empfehlungen für Gesundheitseinrichtungen zur Prävention nosokomialer Infektionen bzw. Prävention beruflicher Infektionsrisiken; Empfehlungen für den privaten Bereich oder nichtmedizinische Einrichtungen fehlten bislang.
Zu Projektbeginn wurde ein Expertengremium gegründet, welches das Projekt kontinuierlich mit vorhandener Expertise und Erfahrung unterstützen konnte. Dieses bestand aus VertreterInnen des Verbunds #1Health-PREVENT, der Bayerischen Akademie für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (AGL) für den medizinischen & veterinärmedizinischen öffentlichen Gesundheitsdienst, der Akademie für Öffentliches Gesundheitswesen, des Gesundheitsamts Charlottenburg, der Bayerischen Landesarbeitsgemeinschaft resistente Erreger, sowie des Veterinärdiensts für Stadt und Landkreis Osnabrück. Im Anschluss wurden offene Fragen der Allgemeinbevölkerung zum Thema MRE bei Mensch und Tier gesammelt, aufbereitet und mit Hilfe einer systematischen Literaturrecherche beantwortet. Während der Projektlaufzeit wurden alle fachlichen Entscheidungen mit dem Expertengremium abgestimmt. Die FAQs wurden im Anschluss disseminiert und hinsichtlich ihres Nutzens für den Arbeitsalltag im ÖGD (Human- und Veterinärbereich), sowie deren Dissemination evaluiert. Die FAQs können sowohl die Allgemeinbevölkerung als auch Beschäftigen im öffentlichen Gesundheitsdienst dabei unterstützen, Fragen zur zoonotischen Bedeutung von MRE zu beantworten. 

Zuwendungsempfängerin: Dr. Sylvia Klees

Institution: Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Ostwestfalen-Lippe (CVUA-OWL)

Förderzeitraum: 1.10.2018 - 30.6.2020

Kurzbeschreibung

Die zunehmende Verbreitung von multiresistenten Erregern (MRE) gehört zu den wichtigsten Bedrohungen der Gesundheit von Mensch und Tier. Ein Ansteigen der Resistenz gegen Antibiotika führt zur Unwirksamkeit von Arzneimitteln, so dass eine Infektionskrankheit nicht mehr oder nicht in ausreichendem Maße behandelt werden kann. Die Überwachung des Auftretens von Antibiotikaresistenzen bei Menschen und lebensmittelliefernden Tieren sowie die Ermittlung der molekularen Mechanismen der Resistenzübertragung sind wichtige Aspekte, um effektive Strategien zur Bekämpfung und Prävention von Antibiotikaresistenzen entwickeln zu können. MRE treten in verschiedenen Tierarten, der Umwelt, in Tierfutter, in Lebensmitteln und beim Menschen auf und können von Tieren über das vom Tier stammende Lebensmittel wie Fleisch auf den Menschen übertragen werden. (BfR Homepage)

Eine zoonotische Transmission wurde für verschiedene MRE bereits nachgewiesen (z.B. Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), Extended-Spektrum-β-Lactamase (ESBL)-bildende Enterobakterien (ESBL-E)), wobei die direkte Transmission zwischen Nutztier und exponierten Menschen als ein Hauptübertragungsweg bestätigt wurde.

Neben MRSA und ESBL-E wurden zoonotische Transmissionswege kürzlich für eine Reihe anderer MRE bedacht. [1].

  • Carbapeneme sind Betalaktam-Antibiotika, die nur in der Humanmedizin angewendet werden und zur Gruppe der „highest priority critically important antimicrobials“ gehören, dennoch wurden Carbapenemase-bildende Enterobakterien (CRE) in Nutztierhaltungen auch in Deutschland nachgewiesen.
  • Kürzlich wurde zudem die Verbreitung Plasmid-kodierter Colistin-Resistenzgene (mcr) in Fleischproben, bei Nutztieren und Menschen in China und in verschiedenen Europäischen Ländern einschließlich Deutschland festgestellt [2]. Colistin wird in der Humanmedizin als Reserveantibiotikum angewendet, wenn andere Antibiotika keine Wirksamkeit mehr haben, deswegen bedroht diese Entwicklung den Erfolg von Therapiemaßnahmen beim Menschen. In der Tiermedizin wird Colistin mit einem Umfang von ca. 107 t pro Jahr (in 2014) in Deutschland angewendet.
  • Nach dem Bann von Avoparcin als Wachstumspromoter in den 1990ern sank der Anteil Vancomycin-resistenter Enterokokken (VRE) in Fleischproben, aber einzelne Studien aus jüngerer Zeit fanden noch immer eine hohe Prävalenz bei Schweinen in Portugal (25%) und eine niedrige Prävalenz in Biogasanlagen in Deutschland [3,4]. Zudem wurden in China bei Enterokokken aus Tierhaltungen und Krankenhäusern neuartige transferierbare Resistenzgene gefunden, die auch Unempfindlichkeit gegenüber humanmedizinischen Reserveantibiotika (Oxazolidinone) vermitteln (optrA) [5].

Ziel unserer Studie ist es, das Vorkommen von definierten MRE bzw. Resistenzdeterminanten (ESBL, CRE/Carbapenemasen, Colistin, optrA, VRE) über die im Rahmen der EU-weiten Monitoringprogramme durchgeführten Routineuntersuchungen hinaus in der Kette der (Geflügel)-Fleischgewinnung und Fleischverarbeitung sowie in Umweltproben (z. B. Wasserproben aus Seen und Quellen) mittels kultureller und molekularbiologischer Verfahren zu untersuchen. Hierbei sollen Eintragsquellen identifiziert werden und eine mögliche Weiterverbreitung in der Kette der Fleischverarbeitung und in die Umwelt untersucht werden.
Eine weitergehende Charakterisierung (Ganzgenomtypisierung) der isolierten Stämme erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Verbund #1Health-PREVENT durch den Projektpartner Universitätsklinikum Münster.  Diese Studie soll eine Ergänzung zu den Untersuchungen des bundesweiten Zoonosen-Monitorings 2018 und 2019 darstellen und läuft über zwei Jahre.

Die Ergebnisse des Projektes sollen genutzt werden, um Eintragsquellen und Kontaminationswege durch eine Feintypisierung der resistenten Stämme zu erkennen. Das Vorkommen von MRE (ESBL/CRE/Colistinresistenz/VRE) in der Fleischverarbeitung soll beleuchtet werden und Kontaminationsquellen ermittelt werden, um so das Gefährdungspotential von Verbrauchern durch den Kontakt mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs besser beurteilen zu können. Ergebnisse sollten zudem Anlass geben, das Hygiene- (insbesondere Reinigungs- und Desinfektions-) management der Betriebe auf Schwachstellen zu überprüfen.

Diese Studie ist Teil des Nationalen Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten und wird unter dem Förderkennzeichen 01KI1807 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

1. Carbapenem-resistant Enterobacteriaceae in wildlife, food-producing, and companion animals: a systematic review. Köck R, Daniels-Haardt I, Becker K, Mellmann A, Friedrich AW, Mevius D, Schwarz S, Jurke A. Clin Microbiol Infect. 2018 Apr 11. pii: S1198-743X(18)30339-2. doi: 10.1016/j.cmi.2018.04.004. [Epub ahead of print]

2. Prevalence of mcr-1 in E. coli from Livestock and Food in Germany, 2010-2015. Irrgang A, Roschanski N, Tenhagen BA, Grobbel M, Skladnikiewicz-Ziemer T, Thomas K, Roesler U, Käsbohrer A. PLoS One. 2016 Jul 25;11(7):e0159863. doi: 10.1371/journal.pone.0159863.

3. Genetic characterisation of antibiotic resistance and virulence factors in vanA-containing enterococci from cattle, sheep and pigs subsequent to the discontinuation of the use of avoparcin. Ramos S, Igrejas G, Rodrigues J, Capelo-Martinez JL, Poeta P. Vet J. 2012 Jul;193(1):301-3. doi: 10.1016/j.tvjl.2011.12.007.

4. Cultivation of vancomycin-resistant enterococci and methicillin-resistant staphylococci from input and output samples of German biogas plants. Glaeser SP, Sowinsky O, Brunner JS, Dott W, Kämpfer P. FEMS Microbiol Ecol. 2016 Mar;92(3). pii: fiw010. doi: 10.1093/femsec/fiw010.

5. A novel gene, optrA, that confers transferable resistance to oxazolidinones and phenicols and its presence in Enterococcus faecalis and Enterococcus faecium of human and animal origin. Wang Y, Lv Y, Cai J, Schwarz S, Cui L, Hu Z, Zhang R, Li J, Zhao Q, He T, Wang D, Wang Z, Shen Y, Li Y, Feßler AT, Wu C, Yu H, Deng X, Xia X, Shen J. J Antimicrob Chemother. 2015 Aug;70(8):2182-90. doi: 10.1093/jac/dkv116.

Zuwendungsempfängerin: Dr. Ute Messelhäußer

Institution: Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit

Förderzeitraum: 1.1.2019 - 31.12.2021

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Abb. 1: Eierhütten – immer häufigere Verkaufsstelle von Konsumeiern
(Quelle: Landratsamt Weilheim-Schongau – Jens Lewitzki)

 

Thermophile Campylobacter spp. zählen derzeit zu den wichtigsten  lebensmittelübertragenen Zoonoseerregern. Neben Wiederkäuern ist das Hauptreservoir dieses Erregers das (Haus-) Geflügel. Derzeit geht man davon aus, dass der überwiegende Anteil der humanen Erkrankungsfälle auf den Verzehr von nicht vollständig durchgegartem Geflügelfleisch oder auf Kreuzkontamination bei der Verwendung von rohem Geflügelfleisch im Haushalt zurückzuführen ist. Inwieweit auch Konsumeier (Eier der Handelsklasse A) bei der Übertragung des Erregers auf den Menschen eine Rolle spielen (Übertragung über den Verzehr roheihaltiger Speisen bzw. Kreuzkontamination) ist derzeit noch wenig bekannt. Um das Risiko, das von einer Kontamination von Eiern der Handelsklasse A mit thermophilen Campylobacter spp. ausgeht, näher zu charakterisieren und anschließend, sofern sich Hinweise auf eine Relevanz von Eiern hinsichtlich der Übertragung thermophiler Campylobacter spp. auf den Menschen ergeben, entsprechende Reduktionsstrategien entwickeln zu können, soll im Rahmen des Projektes den nachfolgenden Fragestellungen nachgegangen werden:

 

  • Von welchen Faktoren hängt die Überlebensfähigkeit thermophiler Campylobacter spp.auf Eiern ab
  • Inwieweit besteht auch die Möglichkeit eines Überlebens thermophiler Campylobacter spp. in Eiern, wozu bisher nur wenige, teilweise widersprüchliche Studienergebnisse existieren?
  • Inwieweit kann eine mögliche Korrelation zwischen dem Verzehr von Eiern bzw. dem Umgang mit rohen Eiern und humanen Campylobacteriosen sowohl im Rahmen epidemiologischer als auch molekularbiologischer Studien festgestellt werden?
  • Welche Möglichkeiten der Reduktion des Eintrags thermophiler Campylobacter spp. über die Lebensmittelkette „Ei“ sind in Praxis insbesondere in bäuerlichen Haltungssystemen umsetzbar?


Das Arbeitspaket 2 soll die Korrelation zwischen dem Verzehr von Eiern bzw. dem Umgang mit rohen Eiern und humanen Campylobacteriosen
(Epidemiologie) ermitteln. Dies erfolgt zum einen durch Patientenbefragung humaner Campylobacteriosefälle mittels eines standardisierten Fragebogens zu den jeweiligen Verzehrgewohnheiten unter besonderer Berücksichtigung von Eiern und roheihaltigen Speisen (klassische Epidemiologie) und zum anderen durch die Gewinnung humaner
Campylobacter-Isolate (symptomlose Ausscheider und Erkrankungsfälle) und den Vergleich humaner, veterinärmedizinischer und lebensmittelassoziierter Campylobacter-Isolate mittels molekularbiologischer Verfahren, z. B. PFGE, MLST, NGS (Molekulare Epidemiologie).

In Arbeitspaket 3 sollen mögliche Reduktionsmaßnahmen zum Eintrag thermophiler Campylobacter spp. über die Lebensmittelkette „Ei“ unter Berücksichtigung der praktischen Umsetzbarkeit insbesondere in bäuerlichen Haltungssystemen erarbeitet werden.

Ergebnisverwertung:

Es ist geplant, die Ergebnisse im Rahmen zweier Dissertationsvorhaben zu nutzen und zu veröffentlichen (u. a. Vorstellung der Ergebnisse auf Fachtagungen und Veröffentlichung in peer-reviewed Journals). Des Weiteren sollen die Ergebnisse, insbesondere die Erarbeitung von Reduktionsmaßnahmen in bäuerlichen Haltungsbetrieben, in Leitfäden sowohl für die Landwirtschaft als auch die amtliche Lebensmittelüberwachung münden, so dass mögliche Reduktionsmaßnahmen auch in der Fläche im Rahmen der Primärproduktion umgesetzt werden können.

Kooperationspartner:

Zuwendungsempfängerin: Dr. Christiane Wagner-Wiening

Institution: Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg

Förderzeitraum: 1.1.2019 - 31.12.2020

Kurzbeschreibung

Seit 2014 wird das Auftreten von lokalen Aedes albopictus-Populationen in Baden-Württemberg beobachtet. Wie kann der öffentliche Gesundheitsdienst auf kommunaler Ebene durch den Transfer von wissen-schaftlichen Erkenntnissen auf die Prävention und Kontrolle von vektorkompetenten Stechmücken und Arbovirosen vorbereitet werden? Welche gesetzlichen Grundlagen sind zu berücksichtigen? Welche kommunalen Zuständigkeiten und Kommunikationswege gelten bei der Prävention und Kontrolle von Ae.albopictus ? Welche Entscheidungshilfen können den ÖGD bei der Prävention und Kontrolle von Ae.albopictus unterstützen?    

Hauptziel des Projektes ist der Aufbau eines Stakeholder-Netzwerkes, das Überwachungs- und Interventions-Strukturen für vektorkompetente Stechmücken und mögliche autochthone Arbovirus-Infektionen auf kommunaler Ebene durchführt. Im Vordergrund des beantragten Projektes steht eine Netzwerkanaly-se sowie die Zusammenführung und Harmonisierung bereits vorliegender Forschungsergebnisse und Handlungsempfehlungen. Mittels Experteninterviews werden Stakeholder und deren Funktionen bei der Umsetzung von Kontroll- und Bekämpfungsmaßnahmen identifiziert sowie mittels Literaturrecherche und Experteninterviews Forschungsergebnisse und Erfahrungen zu Präventions- und Interventionsmaßnahmen gesichtet und bewertet. Im Rahmen der Stakeholder-Analyse sollen Interessen und Rahmenbedingungen berücksichtigt, Maßnahmen abgeleitet und Kommunikationswege beschrieben.

Auf Grundlage der gewonnenen Ergebnisse wird ein Arbovirus- und Stechmücken- Management-Plan als Leitfaden für die kommunale  Ebene entwickelt und mittels Fokusgruppendiskussionen validiert. Festgehalten werden hierbei gesetzliche Grundlagen, Zuständigkeiten und Entscheidungshilfen für die Prävention und Kontrolle von vektorkompetenten Stechmücken und stechmückenübertragenen Arbovirosen.

Begriffserklärung:

Arbovirus: Arbo = Akronym für engl. arthropod-borne viruses, ein Arbovirus ist ein Virus, das von Arthropoden (= Gliederfüßler, wie beispielsweise Mücken, z.B. Aedes albopictus) übertragen wird. Ein bekannter Vertreter ist das FSME-Virus (FSME=Frühsommer-Meningo-Enzephalitis).

Arbovirose: Erkrankung infolge einer Arbovirus-Infektion

 

 

Zuwendungsempfängerin: Dr. Jasmin Skuballa

Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe

Förderzeitraum: 1.3.2019 - 28.2.2021

Hintergrund:

Was viele Verbraucher nicht wissen: die zoonotische Infektionskrankheit Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) kann neben einer Übertragung via Zeckenstich auch über virushaltige Rohmilch von Schafen, Ziegen und Rindern zur Erkrankung bei nicht geimpften Menschen führen.

Die serologische Untersuchung von Wiederkäuern mit Weidehaltung eignet sich hervorragend, kleinräumige FSME-Naturherde aufzuspüren, da diese Tiere nach Infektion über Monate oder Jahre hinweg einen detektierbaren Antikörper-Titer ausbilden („Sentinels“).

Ziele:

Das Ziel der Studie ist die Datenerhebung zur Risikoabschätzung alimentärer FSME-Infektionen durch Untersuchung von Wiederkäuern als Sentinel-Tiere. Die im Projekt gewonnenen Daten können helfen, das Infektionsrisiko für den Menschen durch den Verzehr roher Milchprodukte besser abschätzen zu können und somit zu einem besseren Verbraucherschutz beitragen.

Geplante Durchführung:

1. Projektphase:
Durch ein serologisches Screening von Blutproben von Wiederkäuern werden FSME-Naturherde in Baden-Württemberg identifiziert.

2. Projektphase:
Nach der Identifizierung eines FSME-Naturherds schließt sich die gezielte serologische und molekularbiologische Untersuchung (ELISA, Real-time PCR) von Blut- und Milchproben eines kooperationsbereiten Milchviehbetriebes über ein Jahr hinweg an.

3. Projektphase:
Untersuchung von wirtssuchenden Zecken im Umfeld der Viehweide um einen möglichen Zusammenhang zwischen Befunden bei den untersuchten Tieren und humanen Erkrankungsfällen in der Region zu ermitteln.

4. Projektphase:
Die Daten werden ausgewertet und eine Risikoanalyse für die betroffene Region erstellt.

 

Kooperationen:

Landesgesundheitsamt (LGA) Stuttgart, Hr. Dr. Oehme
(Anzucht von FSME-Isolaten im BSL3-Labor, phylogenetische Untersuchungen)

Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr (IMB), München
Konsiliarlabor für Frühsommer-Meningoenzephalitis, Hr. Dr. Dobler
(weiterführende Untersuchungen positiver Serumproben, phylogenetische Untersuchungen)

Zuwendungsempfänger: Dr. Stefan Brockmann

Institution: Landkreis Reutlingen

Förderzeitraum: 1.12.2018 - 30.11.2021

 
Kurzbeschreibung

Das ENV-HANTA Projekt zielt auf den Nachweis von Hantaviren aus Umweltproben in der unmittelbaren Umgebung von Haushalten vormals erkrankter Personen in Hoch-Endemiegebieten für Hantaviren. Die Ergebnisse werden verwendet um bestehende Empfehlungen zu Schutzmaßnahmen spezifischer zu gestalten.

Mit dem Projekt wird anwendungsorientierte Forschung zur Vorbeugung und Bekämpfung von zoonotischen Infektionskrankheiten gefördert. Acht lokale Gesundheitsämter Baden-Württembergs arbeiten mit dem Landesgesundheitsamt, der Universität Tübingen, einem faunistischen Gutachterbüro und dem Friedrich-Loeffler Institut zusammen. Das Projekt leistet einen konkreten Beitrag zur Bekämpfung Nagetier-assoziierter Erkrankungen und folgt dem „One Health“ Ansatz.

Die Ergebnisse des Projektes sollen ermöglichen, Kenntnisse über das tatsächliche Vorkommen von Hantaviren in/um Haushalte in Endemiegebieten als mögliche Infektionsquelle zu erlangen.

Mit den Ergebnissen besteht die Möglichkeit eine Spezifizierung der Empfehlungen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes an die Bevölkerung zu erreichen; z.B. bei welchen Tätigkeiten welche Schutzmaßnahmen durchgeführt werden sollen. Damit kann eine Reduktion der Krankheitslast erfolgen.

Das Projekt wird für drei Jahre gefördert (Beginn: Dezember 2018).

Hintergrund

Puumala Hantavirus (PUUV) (Familie Bunyaviridae) ist eine Zoonose mit zunehmender Bedeutung in Public Health in Europa. In Deutschland gehören Hantaviren für die Surveillance und epidemiologische Forschung zu den prioritären Krankheitserregern. PUUV kommt in Rötelmäusen vor; eine in bestimmten Jahren erhöhte Populationsdichte dieser Nager ist mit menschlichen Hantavirus-Epidemien assoziiert. Rötelmäuse scheiden die Viren mit ihren Exkretionen aus. Die Übertragung auf Menschen erfolgt hauptsächlich durch die Inhalation virushaltiger Aerosole. Bei Menschen kann die Infektion in einer nephrologischen Hantavirus-Erkrankung resultieren. Neuere Studien legen nahe, dass diese Erkrankung zu chronischen Folgebeschwerden führen kann. In Deutschland werden mehr als 50% der humanen PUUV Fälle aus Baden-Württemberg gemeldet. In den letzten 17 Jahren wurden drei große Epidemien von jeweils mehr als 1.000 Fällen berichtet.

Damit humane Hanta-Virus-Erkrankungen möglichst effizient verhindert werden können, muss bekannt sein, an welchen Orten und bei welchen Tätigkeiten sich Menschen infizieren. Dieser Punkt soll im vorliegenden Projekt geklärt werden. Insbesondere sollen Hinweise aus Fall-Kontrollstudien durch Erreger-Nachweise aus Umweltproben überprüft werden, um den für eine Übertragung relevanten Aufenthalt an bestimmten Orten oder dort ausgeführte Tätigkeiten zu identifizieren.

Eine Literaturrecherche in einer wissenschaftlichen Online-Zitations-und Literaturdatenbank (Web of Science) ergab, dass es kaum wissenschaftliche Studien gibt, die sich mit der Überlebensfähigkeit von Hantaviren in der Umwelt befassen. Studien über Erkenntnisse zum Vorhandensein von PUUV an möglichen Infektionsorten gibt es bisher nicht. Das European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) hat in seinem "Technical Report - Prevention measures and communication strategies for hantavirus infection in Europe" festgestellt, dass die bisher in 29 EU Mitgliedsstaaten angewandten Präventionsmaßnahmen kaum evidenz-basiert sind und ihr Impact bisher nicht ausreichend bewertet ist. Das ENV-HANTA Projekt könnte durch den Nachweis in Umweltproben an definierten Stellen im häuslichen Umfeld einen wichtigen Baustein zur Klärung dieser Fragen beitragen.

Um die Ergebnisse der Umweltproben zu ergänzen, werden in an den Untersuchungsstellen zusätzliche Nager gefangen und auf Hantaviren untersucht. Die Erkenntnisse aus dem Projekt können ermöglichen, Interventionsmaßnahmen, die zwar generell empfohlen sind (z.B. das Tragen von Schutzmasken), genauer zu spezifizieren und zielgerichteter einzusetzen.

Auszug aus der Literaturliste der Antragsteller zu Hantavirus- Erkrankungen

  • S.O. Brockmann, M Schwehm, C Wagner-Wiening, G Kändler, M Eichner. Forecasting the incidence of human Puumala virus cases in South West Germany.2015. European Scientific Conference in Applied Infectious Diseases Epidemiology( ESCAIDE) Nov 7th Stockholm, Sweden
     
  • Latus J, Schwab M, Tacconelli E, Pieper FM, Wegener D, Dippon J, Müller S, Zakim D, Segerer S, Kitterer D, Priwitzer M, Mezger B, Walter-Frank B, Corea A, Wiedenmann A, Brockmann S, Pöhlmann C, Alscher MD, Braun N. Clinical course and long-term outcome of hantavirus-associated nephropathia epidemica, Germany. Emerg Infect Dis. 2015 Jan;21(1):76-83. doi: 10.3201/eid2101.140861.
     
  • Latus J, Schwab M, Tacconelli E, Pieper FM, Wegener D, Rettenmaier B, Schwab A, Hoffmann L, Dippon J, Müller S, Fritz P, Zakim D, Segerer S, Kitterer D, Kimmel M, Gußmann K, Priwitzer M, Mezger B, Walter-Frank B, Corea A, Wiedenmann A, Brockmann S, Pöhlmann C, Alscher MD, Braun N. Acute kidney injury and tools for risk-stratification in 456 patients with hantavirus-induced nephropathia epidemica. Nephrol Dial Transplant. 2015 Feb;30(2):245-51. doi: 10.1093/ndt/gfu319. Epub 2014 Oct 13.
     
  • Faber MS, Ulrich RG, Frank C, Brockmann SO, Pfaff GM, Jacob J, Krüger DH, Stark K. Steep rise in notified hantavirus infections in Germany, April 2010. Euro Surveill. 2010 May 20;15(20). pii: 19574. PubMed PMID: 20504391.
     
  • Schwarz AC, Ranft U, Piechotowski I, Childs JE, Brockmann SO. Risk factors for human infection with Puumala virus, southwestern Germany. Emerg Infect Dis. 2009 Jul;15(7):1032-9. doi: 10.3201/eid1507.081413. PubMed PMID: 19624917; PubMed Central PMCID: PMC2744254.
     
  • Winter CH, Brockmann SO, Piechotowski I, Alpers K, an der Heiden M, Koch J, Stark K, Pfaff G. Survey and case-control study during epidemics of Puumala virus infection. Epidemiol Infect. 2009 Oct;137(10):1479-85. doi: 10.1017/S0950268809002271. Epub 2009 Mar 17. PubMed PMID: 19288958.
     
  • Piechotowski I, Brockmann SO, Schwarz C, Winter CH, Ranft U, Pfaff G. Emergence of hantavirus in South Germany: rodents, climate and human infections. Parasitol Res. 2008 Dec;103 Suppl 1:S131-7. doi: 10.1007/s00436-008-1055-8. Epub 2008 Nov 23. PubMed PMID: 19030895.
     
  • Koch J, Brockmann SO, Winter C, Kimmig P, Stark K. Significant increase of hantavirus infections in Germany since the beginning of 2007. Euro Surveill. 2007 May 3;12(5):E070503.1. PubMed PMID: 17868605.
     
  • Kimmig P, Silva-González R, Backe H, Brockmann S, Oehme R, Ernst E, Mackenstedt U. Epidemiology of hantaviruses in Baden-Wurttemberg. Gesundheitswesen. 2001 Feb;63(2):107-12. German. PubMed PMID: 11285748.

Zuwendungsempfänger: Dr. Jobst Heitzig

Institution: Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung e. V.

Förderzeitraum: 1.03.2019 – 28.02.2022

 

Projektbeschreibung

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Für die Ausbreitung von Tierseuchen spielen Verbindungen zwischen den Tierbeständen, beispielsweise durch die Verbringung von Tieren in andere Bestände (Viehhandel) eine große Rolle. In dem Projekt sollen die Informationen über die Struktur dieses Netzwerkes genutzt werden, um optimierte Designs von Stichprobenuntersuchungen zu entwerfen. Mit welchem Untersuchungsaufwand kann der größte Nutzen erzielt werden, um die Freiheit von einer Tierseuche/Zoonose darzustellen oder eine stattgefundene Infektionen aufzudecken? Die theoretische Literatur kennt eine Reihe von Seuchenausbreitungsmodellen auf Netzwerken und enthält grundlegende Erkenntnisse darüber, welche Netzwerk-Knoten für die Ausbreitung entscheidend sind. Diese Erkenntnisse können helfen, Testheuristiken zu entwickeln (z.B. Netzwerk mit höherer Verbindungszahl im Netzwerk häufiger testen). Wir wollen, ausgehend von angesichts der Literatur vielversprechend erscheinenden Testheuristiken, mithilfe von aktuellen Methoden der Optimierung und des maschinellen Lernens optimale Testdesigns für konkrete Seuchen und Regionen ermitteln. Es ist möglich, die Veränderung der Aussagekraft günstiger Ergebnisse von Stichtagsuntersuchungen hinsichtlich des Gesundheitsstatus (Ein Bestand oder alle Bestände des Gebietes sind frei von der Infektion) mit zeitlichem Abstand vom Untersuchungstag abzuschätzen, wenn der Vernetzung der Tierbestände und die Wahrscheinlichkeit einer zwischenzeitlichen Einschleppung des Infektionserregers berücksichtigt werden. Hierdurch können Testdesigns zur Statuszuerkennung „Freiheit von einer Infektion“ risikoorientiert optimiert werden.

Manche Infektionen verlaufen zunächst über einen längeren Zeitraum klinisch unauffällig. Der Gesundheitsstatus einer Tierpopulation wird in der Regel von Untersuchungen in Tierbeständen abgeleitet. Dies kann durch die Untersuchung jedes Tieres in den Beständen bzw. aller Bestände oder über Stichprobenuntersuchungen erfolgen. Da die Untersuchungen nicht täglich erfolgen, stellt sich die Frage, welche Aussagekraft solche Untersuchungen zu einem späteren Zeitpunkt noch haben und wie sich dies über die Zeit verändert. Diese Fragestellung ergibt sich für jeden einzelnen Bestand und auch für die Tierbestände in einem Gebiet, für das ein Gesundheitsstatus zuerkannt wird. In dem Projekt soll dies mit mathematischen und epidemiologischen Methoden unter Berücksichtigung des infektionsdynamischen Fachwissens analysiert und dargestellt werden. Neben der Vernetzung der Bestände (Kontaktmöglichkeiten/Einschleppungsmöglichkeiten) hat auch die Verbreitung des jeweiligen Infektionserregers eine große Bedeutung für die Wahrscheinlichkeit eines zwischenzeitlichen Erregereintrags in den Tierbestand; die generelle Verbreitung ist beispielsweise vom Klimawandel abhängig. Ein Beispiel ist hierfür die Verbreitung des West-Nil-Fieber-Virus, dessen Vektoren (bestimmte Stechmückenarten) durch den Klimawandel bedingt zunehmend Richtung Norden driften.

Die Fragestellung ist weltweit von Bedeutung, insbesondere im internationalen Handel mit Tieren und Tierprodukten; je verlässlicher der zuerkannte Gesundheitsstatus ist, desto besser sind Tierbestände und Menschen vor der Einschleppung einer Infektion geschützt. Die in diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse sollen über wissenschaftliche Publikationen und Stakeholderdialoge zugleich der wissenschaftlichen Community wie der Praxis zugänglich gemacht werden und helfen, die im geplanten EU-Rechtsakt zur Neugestaltung des Tierseuchenrechts geforderten risikobasierten Ansätze konkret umzusetzen.

Kooperationspartner

Dr. Jörg Fritzemeier, Veterinärdienst für Stadt und Landkreis Osnabrück

Zuwendungsempfänger: Prof. Dr. Lothar Kreienbrock

Institution: Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover

Förderzeitraum: 1.4.2019 – 31.12.2022

 
Kooperationspartner

  • Dr. Jörg Fritzemeier, Veterinärdienst für Stadt und Landkreis Osnabrück

  • Prof. Dr. Eberhard Haunhorst, Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Projektbeschreibung

Bei spezifischen Fragestellungen des Lebensmittelrechts ist es immer wieder erforderlich, geeignete Stichprobenuntersuchungen durchzuführen. Diese ergibt sich unter anderem in Fällen lebensmittelbedingter zoonotischer Krankheitsausbrüche, wie auch im Zuge der Beurteilung, ob Lebensmittelchargen oder Prozesse in der Lebensmittelproduktion hinsichtlich ihrer zoonotischen Belastung als sicher gelten. Die gewählte Methode zur Akquise von Stichproben sowie die Nachweismethode müssen ein möglichst repräsentatives und aussagekräftiges Ergebnis liefern, um beispielsweise einen Rückschluss auf die Sicherheit/Unsicherheit des Stichprobenergebnisses zu zulassen. Dies ist notwendig, um mit einer hinreichenden Wahrscheinlichkeit eine Aussage über das Vorliegen des Zoonoseerregers zu treffen. Die Auswahl geeigneter Verfahren kann die zuständigen Behörden vor Herausforderungen stellen. Häufig müssen komplexe Zusammenhänge beachtet werden, wie die Eigenschaften des Erregers, der Zeitpunkt und die Art des Eintrags, die Homogenität oder Heterogenität der Verteilung, die Matrix und das anzuwendende Laborverfahren. Auch ist die Art des Stichprobenplans von Vorhaben zu Vorhaben anzupassen.
Aktuell stehen verschiedene Arbeitshilfen zur Berechnung von Stichprobengrößen zur Verfügung, z.B. die Werkzeuge von AusVet, die Tools der EFSA oder die „Shiny Server“ von FLI und BfR. Diese Tools bieten jedoch nur einen Teil der benötigten Funktionalität, um eine abschließende Aussage zu treffen.

In dem Projekt StiproZoo wird die Forschungsfrage bearbeitet, ob unter der Berücksichtigung vielfältiger Faktoren, wie Infektiologie, Produktionstechnologie und Logistik die Entwicklung eines aussagekräftigen, realisierbaren und gleichzeitig biometrisch korrekten Stichprobenszenarios möglich ist. Auf Grund der Komplexität werden ausgewählte praktische Szenarien behandelt und in Folge dessen ein übergreifendes Konzept für weitere Erreger entwickelt.

Durch die Kombination der wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Erreger, der technologischen Fachkenntnisse in der Lebensmittelproduktion und des epidemiologisch-wissenschaftlichen Fachwissens wird aktuell ein anwendungsorientiertes Tool (Shiny-App) zur Untersuchungsplanung entwickelt. Die Anwendung setzt dieses übergreifende Konzept um und funktioniert mit einem Baukastenprinzip, um die verschiedenen Ebenen zu verdeutlichen, welche bei der Stichprobenplanung und Analyse zu betrachten sind. Somit stellt das Tool keinen reinen Stichprobenrechner dar, sondern kann zusätzlich als Informationsquelle und Handreichung zur Sammlung relevanter Informationen genutzt werden. Mit diversen Checklisten, Definitionserläuterungen und Hintergrundinformationen stellt das Tool eine Kombination aus benötigtem Material zur Stichprobenplanung und der Möglichkeit eine Stichprobenberechnung durchzuführen dar. Durch die detaillierte Planung der Stichprobenuntersuchung und die Handreichungen in dem Tool können von dem jeweiligen Ergebnis Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit gezogen werden und eine Einschätzung erfolgen, welche Unsicherheiten in der Beurteilung zu berücksichtigen sind.

Die Nutzung der Shiny-App zu Erstellung des Tools bietet verschiedene Vorteile. Für die Anwendung ist keine Installation von Programmen notwendig, es werden keine Vorkenntnisse mit der Programmiersprache benötigt. Der Zugang erfolgt über einen simplen Link und das Tool wird in Form einer gewohnten Website dargestellt.

Die Arbeitshilfe sowie die damit verbundenen Erkenntnisse werden den zuständigen Behörden nach Abschluss des Projekts kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dies erfolgt voraussichtlich zunächst über einen Server der Tierärztlichen Hochschule Hannover. Nach Abschluss des Projekts ist es notwendig, eine nachhaltige Lösung für das Angebot und Weiterentwicklung des Tools zu finden. Durch die hohe Relevanz des Themenkomplexes ist eine Weiterentwicklung und Aktualisierung des Angebots über die Projektlaufzeit hinaus sinnvoll und erstrebenswert.
 

Zuwendungsempfängerin: Dr. Cornelia Henke-Gendo

Institution: Niedersächsisches Landesgesundheitsamt

Förderzeitraum: 1.3.2019 – 28.02.2022

Zusammenfassung:

Tiere vermögen Menschen auf besondere Art und Weise anzusprechen und zu beeinflussen. In bestimmten Kontexten kann die Interaktion mit Tieren sogar heilsame Wirkungen zu entfalten. Darüber hinaus fungieren z.B. Assistenzhunde als wichtige Unterstützer für Menschen mit besonderen Bedürfnissen (z.B. Blindenbegleithunde) oder sogar als deren Lebensretter (Diabetikerwarnhunde). Nicht umsonst nehmen also Angebote im Bereich Tiergestützter Therapien und anderer Tiergestützter Interventionen auch in medizinischen Einrichtungen und Pflegeeinrichtungen fortlaufend zu. Neben all diesen positiven Aspekten ist allerdings auch zu beachten, dass es bei einer Interaktion mit Tieren zu einer Übertragung von zoonotischen Erregern kommen kann. Diese Tatsache bekommt insbesondere in medizinischen Einrichtungen eine besondere Bedeutung, wenn es sich hierbei um den Kontakt zu Menschen mit Defiziten bei der Immunabwehr handelt (z.B. Kranke, Kinder, ältere Menschen). Bislang existieren für den Bereich der Tiergestützten Interventionen keine einheitlichen Vorgaben, mit welchen Maßnahmen einem potentiellen Zoonoserisiko begegnet werden kann, um dieses zu minimieren. Verschiedene nationale und internationale Empfehlungen unterscheiden sich zum Teil erheblich und die Evidenz, die hinter diesen Empfehlungen steht, ist nicht immer klar.
Im Projekt METT (Multiresistente Erreger in der Tiergestützten Therapie) wollen wir eine Datengrundlage erarbeiten, die eine Risikoanalyse für die Übertragung von Zoonoseerregern im Kontext Tiergestützter Therapien in medizinischen Einrichtungen ermöglicht. Ein besonderer Fokus soll hierbei auf krankenhaushygienisch relevanten multiresistenten Erregern, wie z.B. MRSA und multiresistente Gramnegative Bakterien, liegen. Hierzu werden in einem ersten Schritt Umfang und Art der Mensch-Tier-Kontakte in medizinischen Einrichtungen und anderen Gesundheits- und gegebenenfalls Wohlfahrtseinrichtungen in Niedersachsen erfasst und vorhandene Vorgaben im Umgang mit einem potentiellen Infektionsrisiko evaluiert. Die Halter der hierbei eingesetzten Tiere bekommen das Angebot, ihre Tiere auf das Vorhandensein von multiresistenten Erregern untersuchen zu lassen. Die Auswertung der erhobenen Daten soll in Handlungsempfehlungen für die einzelnen Einrichtungen und gegebenenfalls auch für die Tierhalter münden und die Grundlage für eine sachgerechte und vergleichbare infektionshygienische Überwachung dieses Bereichs durch die Gesundheitsämter schaffen. Hierfür werden in Zusammenarbeit mit Vertretern der niedersächsischen Gesundheitsämter hygienisch relevante Qualitätsmarker definiert und in Form einer Begehungscheckliste zur Verfügung gestellt. Die landesweite Nutzung einer solchen Checkliste zur Begehung und Rückspiegelung der Überwachungsergebnisse an das Niedersächsische Landesgesundheitsamt erlaubt nach Auswertung der Daten eine Einschätzung der Häufigkeit und Qualität der Mensch-zu-Tier-Kontakte und damit auch eine Abschätzung des Risikos für die Übertragung von Erregern vom Tier auf den Menschen.
 

 

Vor der Pandemie mit dem Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus (SARS-CoV-2) wurden in Deutschland jährlich rund 250.000 ausländische Patientinnen und Patienten in Krankenhäusern behandelt [1, 2]. Schätzungen zufolge reisten ca. 45 % als sogenannte Medizintouristinnen und -touristen ausschließlich aufgrund der medizinischen Behandlung ein. Die arabischen Golfstaaten und die Nachfolgestaaten der Sowjetunion gehörten dabei zu den dominierenden nicht-europäischen Herkunftsländern [3].

Das Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV) ist ein hochpathogenes zoonotisches Virus, das erstmalig 2012 in Saudi-Arabien isoliert wurde [4]. Infizierte Dromedare gelten als Reservoir für MERS-CoV mit einer weiten Verbreitung im Mittleren Osten und in Afrika [5-7]. MERS-CoV wird häufig direkt vom Tier auf den Menschen übertragen, eine Sekundärübertragung von Mensch zu Mensch ist aber ebenfalls möglich, vor allem im nosokomialen Setting [8, 9]. In Deutschland ist MERS-CoV nicht endemisch und eignet sich daher besonders für die Bewertung des Importrisikos respiratorischer Pathogene. Viele Medizintouristinnen und -touristen befanden sich bereits im Heimatland in stationärer Behandlung, so dass zusätzlich das Risiko eines Eintrages von multiresistenten bakteriellen Erregern (z.B. Multiresistente Gramnegative Erreger) besteht. Diese weisen oftmals im Herkunftsland eine deutlich höhere Prävalenz auf als in Deutschland [10].

Das MERSTour Projekt besteht aus einer retrospektiven und einer prospektiven Datenanalyse mit dem Ziel, das Risiko für den Eintrag von MERS-CoV und anderen, multiresistenten Erregern durch Medizintouristinnen und -touristen abzuschätzen, mögliche Risikofaktoren zu identifizieren und zu vergleichen. Weiterhin sollen die derzeit bestehenden Infektionsschutzmaßnahmen bei der Behandlung der Medizintouristinnen und -touristen in den Kliniken beschrieben und bewertet werden. Dabei soll auch berücksichtigt werden, inwiefern die SARS-CoV-2-Pandemie die Infektionsschutzmaßnahmen und das Risiko für den Eintrag von Krankheitserregern beeinflusst hat. Im retrospektiven Teil werden Daten zu Medizintouristinnen und -touristen von der arabischen Halbinsel und angrenzenden Regionen und aus der Russischen Föderation ausgewertet, die von 2017 bis 2021 in den teilnehmenden Kliniken in Nordrhein-Westfalen behandelt wurden. Aufbauend auf den Ergebnissen der retrospektiven Studie wird im prospektiven Projektteil die Analyse der Gesundheitsdaten der Medizintouristinnen und -touristen von der arabischen Halbinsel und angrenzenden Regionen durch die Auswertung eines Fragebogens zu möglichen Risikofaktoren für eine MERS-CoV-Infektion und die Bestimmung des MERS-CoV-Antikörper-Titers ergänzt.

Basierend auf den Ergebnissen beider Projektteile sollen Handlungsempfehlungen zu den krankenhaushygienischen Herausforderungen bei der Behandlung von Medizintouristinnen und -touristen für den Öffentlichen Gesundheitsdienst und das Krankenhauspersonal erstellt werden.

Das Projekt wird am Landeszentrum Gesundheit Nordrhein-Westfalen geleitet und koordiniert. Die Datenerhebung wird in vier Kliniken in NRW erfolgen, zudem sind als Vertreter der unteren Gesundheitsbehörden die Gesundheitsämter der Städte Köln und Düsseldorf am Projekt beteiligt. Der RAPID-Verbund an der Universitätsmedizin der Charité Berlin und der Verbund #1Health-PREVENT stehen dem Projekt beratend zur Seite. Das Projekt wird unter dem Dach des Forschungsnetzes Zoonotische Infektionskrankheiten durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung finanziert.

Literaturverzeichnis

  1. Hochschule Bonn-Rhein-Sieg: Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Sankt Augustin. Medizintourismus nach Deutschland hat Talsohle fast erreicht. Pressemitteilung vom 1. Februar 2018  [14.10.2022];
  2. Hochschule Bonn-Rhein-Sieg: Fachbereich Wirtschaftswissenschaften Sankt Augustin. Nachfragerückgang aus Golfstaaten sorgt für Minus im Medizintourismus: Zuwachs bei russischsprachigen Patienten. Pressemitteilung vom 30. Januar 2019  [14.10.2022];
  3. Die Deutsche Welle. Das Riesengeschäft mit dem Medizintourismus in Deutschland. 2018  03.08.2022]; 
  4. Zaki, A.M., et al., Isolation of a novel coronavirus from a man with pneumonia in Saudi Arabia. N Engl J Med, 2012. 367(19): p. 1814-20.
  5. Kandeil, A., et al., Middle East Respiratory Syndrome Coronavirus (MERS-CoV) in Dromedary Camels in Africa and Middle East. Viruses, 2019. 11(8).
  6. Alagaili, A.N., et al., Middle East respiratory syndrome coronavirus infection in dromedary camels in Saudi Arabia. mBio, 2014. 5(2): p. e00884-14
  7. Elfadil, A.A., et al., Epidemiological study of Middle East respiratory syndrome coronavirus infection in dromedary camels in Saudi Arabia, April-May 2015. Rev Sci Tech, 2018. 37(3): p. 985-997.
  8. Azhar, E.I., et al., Evidence for camel-to-human transmission of MERS coronavirus. N Engl J Med, 2014. 370(26): p. 2499-505.
  9. Mackay, I.M. and K.E. Arden, MERS coronavirus: diagnostics, epidemiology and transmission. Virology Journal, 2015. 12(1): p. 222.
  10. Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), Stemming the Superbug Tide: Just a few dollars more. OECD Health Policy Studies, ed. OECD Publishing. 2018, Paris.